Inklusion in der Behindertenhilfe ist, obwohl das Gesetz bereits seit 2006 besteht, noch in den Kinderschuhen.
Große Träger von Behinderteneinrichtungen fangen an ihre Wohnheime zu dezentralisieren, also nicht wie bisher, alle Menschen mit Behinderung in einer Gemeinde oder Stadt unterzubringen, sondern Wohnheime auszugliedern, um Menschen die Möglichkeit zu geben in Heimatnähe wohnen zu bleiben und so die nötige Unterstützung zu bekommen, die sie benötigen und die Familien zu entlasten, aber dennoch immer in der Nähe zu bleiben.
Denn der Inklusionsgedanke bedeutet auch, dass sich nicht die Menschen mit Behinderung verändern müssen, sondern sich die Umwelt auf die Menschen mit Behinderung anpasst.
Zurzeit besteht in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung eine große Welle in Richtung ambulant unterstütztes Wohnen. Dabei könnnen Menschen mit Handicap in ihre eigene Wohnung ziehen und bekommen von dort aus die Leistung des Trägers. Dieses Angebot ist für die einzelnen Kostenträger eine günstigere Variante als ein Heimplatz und bietet für viele Klienten die Möglichkeit sich weiter zu entwickeln, Kompetenzen zur Selbstständigkeit zu vertiefen und noch weiter in die Mitte der Gesellschaft zu rutschen.
Allerdings ist dieses Angebot nicht für jeden Klienten geeignet. Sicherlich ist eine barrierefreie Wohnung kein Problem, wenn es sich um einen Rollstuhlfahrer handelt, es sei denn barrierefreie Wohnungen sind in der "Traumstadt" nicht vorhanden oder Mangelware.
Aber stellen Sie sich einen schwer körperlich und geistig behinderten Menschen vor. Wie soll dieser Mensch, der eigentlich eine "Rund um Betreuung" benötigt mit 10-17 Fachleistungsstunden in der Woche auskommen? Wie soll er, wenn er an sein Bett gebunden ist von sich aus weiter in die Mitte rutschen?
Meiner Meinung nach ist es für dieses Menschen überhaupt erst einmal wichtig mitbestimmen bzw. selbstbestimmen zu dürfen. Welches Oberteil möchte ich heute anziehen, den Wollpulli oder lieber eine dünne Bluse?
Möchte ich Wurst oder Käse auf mein Brot?
All dies sind doch Fragen, die wir im Alltag selbst entscheiden und bestimmen. Für Menschen mit schweren Behinderungen ist dies aber der Alltag. Sie können nicht in allen Lebenslagen mit-/selbstbestimmen und sind immer auf Andere angewiesen. Dann macht es doch einen Großteil aus, wenn sie einfach mal nach ihrer Meinung gefragt werden.
Ich habe viele Klienten erlebt, die zuerst durch eine solche, neue Fragestellung überfordert sind. Schließlich mussten sie viele Dinge lange Zeit nicht selbst entscheiden oder bekamen nicht die Möglichkeit dazu.
Meine Feststellung aber war, dass desto mehr Klienten mit entscheiden oder selbst entscheiden konnten, desto selbstständiger und selbstbewusster wurden sie. Ihr Selbstwertgefühl nahm stark zu. Für einige Kollegen wurden die Klienten auf einmal resolut, wehrten sich. Für meine Kollegen eine völlig neue Erfahrung. Bei genauerem Hinsehen zeigte sich aber lediglich, dass die Klienten anfingen ihre Meinung preiszugeben, auch wenn mal deutliche Worte geäußert wurden. Und das ist doch letztendlich auch ein Teil von Inklusion. Am Leben teilhaben und wie in der Definition beschrieben "miteinbezogen werden".
Weitere Informationen zu diesem riesigen Thema werden folgen.
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